Beim Stuttgarter Stammtischs wurde die wahrgenommenen Veränderungen der Teamarbeit seit Frühjahr 2020 diskutiert. D.h. die Situation, dass (Projekt-)Arbeit überwiegend von zu Hause erledigt wird. Und dabei der Blick auf die Besonderheiten für das Projektmanagement. In dem nach der Definition (oft kurzfristig) ein Team aus Spezialisten zusammengestellt wird, um eine einmalige, meist interdisziplinäre Aufgabe zu erledigen (vgl. PMBok von PMI).

Teamarbeit

Beim Stammtisch wurde Team bzw. Teamarbeit u.a. als Beteiligung, Kooperation oder kreative Nähe skizziert. Sowie der Aspekt, dass das schwächste Glied die Leistungsfähigkeit des Teams bestimmt (vgl. „Das Ziel" von Goldratt). Sowie, dass erfolgreiche Teamarbeit u.a. daran erkennbar ist, gezielt die Stärken der Individuen einzusetzen inkl. dem respektvoller Umgang mit Defiziten. Um Kontext des PMI ist der Anspruch nicht verwunderlich, dass ein*e gute*r Projektleiter*In das Team entwickelt und mit gutem Beispiel vorangeht. Mit der Kenntnis der sog. Team-Uhr nach Tuckman ist ihr*ihm klar, dass Teamperformance nach der Phase der „Reibung" erfolgt. Also nachdem sich die Teammitglieder kennengelernt haben.

Arbeit in virtuellen Teams

Ein Großteil der Teilnehmer*Innen berichteten, dass durch die Projektarbeit im home office die Nähe fehlt, um sich kennenzulernen. Dazu wurden ganz unterschiedliche Aspekte aufgeführt: Von technischen Problemen wie Verbindungsabbrüchen beim Telefonieren (VoIP) sowie bereits vor der Pandemie zusätzliche „sprachliche" Barrieren, was zu eingeschränktem Verständnis der Aufgabe sowie Erledigung führt. Bis zur Erfahrung, dass die Stimme und der Gesichtsausdruck (bei Videokonferenzen) eben nicht die Körpersprache ersetzen. Als negatives Beispiel wurde angeführt, dass der Eindruck entsteht, ein Teil der Projektbeteiligten lässt den Austausch zu Hause eher „über sich ergehen" als Vorort im Büro (fehlende soziale Kontrolle?). Mehrfach wurde wahrgenommen, dass andere Tätigkeiten parallel erledigt wurden, so dass die Aufmerksamkeit für das Projekt nicht vorhanden ist. Und sich Teamgefühl oder Teamspirit nicht in der notwendigen Form entwickelt.

Neben den Nachteilen für die Projektarbeit wurden die Defizite für Organisationen angesprochen. Durch die räumliche Trennung (über längere Zeit) leiden informelle Informationsflüsse und der private Austausch, der die eine oder andere stressige Situation kitten kann. Weitergedacht je länger die Distanz anhält, um so mehr sinkt die Verbundenheit/ Identifikation mit der Organisation, da Kultur, Besonderheiten, etc. weniger wahrgenommen werden. Als ganz banales Beispiel wurde angeführt, wer sich über den Weg läuft, tauscht sich einfacher aus, anstatt „einfach mal so" zum Hörer greifen und fragen, wie es geht. Somit erodieren auf Dauer die persönlichen Kontakte, die eine Organisation ausmachen. Allerdings wurde auch festgehalten, dass starke bzw. disziplinierte Teams weniger betroffen sind als schwache, unerfahrene oder neue Teams.

Tipps für das new normal?

Daher die Empfehlung, es ist wichtig Kontakt zu halten bzw. das Gefühl von Nähe aufrechtzuhalten. Praktisch kann das z.B. während einer Vorstellungsrunde erfolgen in dem jede*r die Fragen beantwortet, was habe ich als einzige*r in der Runde erlebt. Oder mit Spielen, wie z.B. Lüge oder Wahrheit. In diesem Kontext bezogen auf die Projektarbeit: Die Projektleitung sollte zu dem besonders darauf achten, dass u.a. keines der fünf Dysfunktionen eines Teams eintritt (vgl. Buch von Lecioni). In der aktuellen Situation vielleicht von der Spitze der Pyramide beginnend: Ist eine Unachtsamkeit für Ergebnisse vorhanden oder besteht das Gefühl Rechenschaft ablegen zu müssen. Lassen sich Anzeichen dafür ausmachen, wären nach Möglichkeit geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten. Dazu wäre es hilfreich über den Tellerrand zu blicken, denn einiges funktioniert auch remote, z.B. könnte beim sog. Pairprogramming der Bildschirm geteilt werden.

In der Zukunft, d.h. nach überstandener Pandemie und wahrscheinlich bleibenden veränderten Arbeitsalltag, gilt es eine Balance zu finden. Zwischen einerseits den von u.a. Scrum herausgestellten Vorteilen wie regelmäßigem face-to-face Austausch, möglichst kurzen Kommunikationswegen, etc. Und anderseits den gewonnenen Erkenntnissen, dass sich einzelne Aufgaben ohne Ablenkung qualitativ besser und schneller erledigen lassen. Jedes Herausreißen kostet Zeit bis konzentriert weitergearbeitet wird (vgl. Studie von Mark und Czerwinski)ark.